Sitzung 10.04.2015: Demokratie auf Vandanserisch. Ein Date der besonderen Art.
Und endlich war sie da: die erste – mit großer Spannung – erwartete Sitzung (um genau zu sein: die konstituierende). Zur Erinnerung: nach 10 Jahren Einheitsliste teilen sich nun wieder VertreterInnen dreier Listen den Vandanser Sitzungsraum.
Und wie ist es denn verlaufen, dieses erste „Date“, wirst du dich vielleicht fragen. Wie ein erstes Date eben, nur weniger romantisch und viel direkter. Man zeigte sich – natürlich – freundlich und gesprächig. So hatte das oppositionelle Gegenüber Zeit, eventuell doch noch Gefühle für sein Gegenüber (welches natürlich die Wichtigkeit eines Miteinanders betonte) zu entwickeln, sich in „Gemeinsam für Vandans“ neu zu verlieben. Und fast wäre es auch gelungen: Bürgermeister Wachter fand genügen positive Worte über vergangene und künftige Zusammenarbeit und lud sogar zu einem gemeinsamen Abendessen. Im Grunde genommen das perfekte erste Date.
Im Grunde genommen. Denn leider vergaß Herr Wachter auf die relevantesten aller „Date-Basics“, die da wären:
1. die Klärung „wer die Hosen in dieser Beziehung an hat“ wird erst im Laufe der Beziehung – mittels Diskussionen – gelöst; keinesfalls beim ersten Date
2. das Gegenüber sollte unter keinen Umständen bereits am ersten Abend erzürnt werden
3. mit Komplimenten und positiven Formulierungen sollte nicht gespart werden
Ja, du hast Recht. Das Date war ein Politisches. Also: vergessen wir das Ganze und konzentrieren wir uns auf die Realität. Ein politisches Kennenlernen funktioniert zumindest in Vandans (unsere Dating-Erfahrung hält sich Grenzen) anders: Handshake, hinsetzen, reden, reden, eingebrachte Wortmeldungen der Opposition nicht weiter diskutieren, selber weiterreden, einen Gegenvorschlag der Opposition abwerten, weiterreden und dann zum gemeinsamen Abendessen einladen. Ich kann nur sagen: glücklicherweise habe ich noch nie einen Politiker gedatet (sonst wäre der Nachwuchs wohl ausgeblieben…).
Aber kommen wir wieder zur Sache, die an und für sich, ganz spannend ist: Der erste eingebrachte Gegenvorschlag des Abends: „Grüne und Parteifreie“ plädierten für die Bekanntgabe der Wahlergebnisse des Gemeindevorstandes am Ende des Wahldurchgangs (Warum? Ganz einfach. Du kennst das: Gruppe A gibt Gruppe B für ihr Werkstück nur 3 statt 5 möglicher Punkte. Gruppe B ist nun beleidigt: Das Werkstück der Gruppe A wäre grundsätzlich ja wirklich super-toll, aber in Anbetracht der fiesen Aktion gibt Gruppe B nun natürlich erst recht nur 2 Punkte. So ist das… auch unter Erwachsenen). Und siehe da: Herr Wachter schien die Regeln des ersten Dates zu beherrschen: er lächelte und stimmte zu. Fast. Denn nach kurzer Diskussion mit seinem Sitznachbar schien der Vorschlag „zu kompliziert“ (wortwörtlich). Punkt. Leider hat der „frische Loft“ dieses Mal nicht für die nötige Frische gesorgt und geschwiegen. Naja. Was soll’s. Man rechnet schließlich auch nicht alle Tage damit, dass das erste Date gleich so realitätsnah abgehalten wird. Wie die folgende Abstimmung verlief, muss hier wohl nicht weiter erklärt werden. Gruppe A zeigte sich in der Möglichkeit der Verleihung der Höchstpunktzahl verhalten. Gruppe B holte zum „Gegenschlag“. Das Ganze war natürlich nicht so dramatisch. Es kann vermutet werden, dass auch trotz Zurückhaltung der Ergebnisse bis zum bitteren Ende nicht immer die volle Punktezahl verliehen worden wäre. Allerdings, und dies ist gewiss, die Ergebnisse wären „wie-du-mir-so-ich-dir-frei“.
Da die romantische Stimmung des ersten Dates nun langsam ins Wanken geriet, wurde es bei der Wahl des Vize-Bürgermeisters nun so richtig spannend. Zur Wahl stand für „Gemeinsam für Vandans“ ganz klar nur ein Kandidat, nämlich Michael Zimmermann, der sich über eine Lobes-Kuschel-Rede freuen dürfte (das ist dann quasi so, als würde sich beim Date dein Gegenüber selber die Hand um die Schultern legen, sich zärtlich durchs Haar fahren und zu guter Letzt einen fetten Schmatzer aufdrücken – was natürlich, anatomisch gesehen, fast unmöglich ist. Aber: wir sprechen hier ja von einem politischen Date. Die Regeln der Anatomie sind andere.). Dass Herr Zimmermann in der Listenreihung „zurückgereiht“ wurde und Herr Pfefferkorn, Bürgermeisterkandidat und „An-Frischa-Loft-Oberhaupt“, die zweitmeisten Stimmen einheimste, schien nebensächlich. Als sich „An Frischa Loft“ gar noch zu einer Wortmeldung traute, wurde der amtierende Bürgermeister dann doch etwas ungehalten: Die Pfefferkorn-Leistung sei doch bitte keine großartige, da dieser einen Vorzugstimmenwahlkampf ganz mit seiner Person im Mittelpunkt geführt habe. Punkt.
Und wieder: diese Stille. Da bekommt man gleich bei der ersten Sitzung eine „mit dem Deckel über den Kopf gezogen“ und fällt beinahe in Ohnmacht. Muss nicht sein. Ich habe mir dann doch noch erlaubt festzuhalten, dass sich jede neue Liste – so auch „An frischa Loft“ – erst etablieren müsse und hierzu ist Wahlwerbung natürlich von Nöten. (Vielleicht weiß das ja auch keiner. Könnte theoretisch ja möglich sein. In der Realwirtschaft verhält es sich jedenfalls so, dass neue Unternehmen und auch Produkte beworben werden müssen. Eventuell bin ich ja auch schon marketingverseucht. Mag sein. Zu lange in diesem Job und erste Nebenwirkungen machen sich sichtbar. Wie auch immer. Ich lasse mich gerne eines Besseren belehren). Und wieder zurück zur Sache: abgestimmt wurde über den Vize-Bürgermeister-Vorschlag dieses Mal nicht mittels geheimer Zettelwahl, sondern mit eindeutigem – öffentlichem – Handzeichen. Über diesen Programmpunkt wurde natürlich nicht verhandelt. Wäre ja auch wirklich blöd, wenn sich aus den eigenen Reihen jemand – geheim – für den Gegenkandidaten entscheiden würde.
Nach diesem Abend ist mir ein Punkt sehr klar geworden (nachdem mir nach meinem grünen-Outing erklärt wurde, Parteipolitik hat auf Gemeindeebene nichts zu suchen): Parteipolitik ist nichts für Gemeindeebene. Da nennt sie sich nämlich Listenpolitik.
Und dennoch: wir freuen uns auf die Zusammenarbeit. Der „Frische Loft“ scheint sehr sympathisch und reflektiert. Von „Gemeinsam für Vandans“ lassen wir uns noch überraschen.